Edna bricht aus! Review

Edna bricht aus! ist endlich mal wieder ein gutes, altes Point and Click Adventure. Was habe ich mir dieses Genre zurückgewünscht und nun ist es endlich so weit. Herrlich.

ednafront

Titel: Edna bricht aus!
System: PC
Genre: Point and Click Adventure
Erscheinungsjahr: 2008
Entwickler: Daedalic Entertainment
Durchgespielt in 12 Stunden Spielzeit

Story: 8/10
Im klassischen Point and Click Adventure „Edna bricht aus!“ übernimmt der Spieler die Rolle der jugendlichen Edna, die mit ihrem besten Kumpel Harvey ohne Erinnerungen in einer Gummizelle aufwacht. Zu beachten ist dabei: Edna ist leicht debil, komplett verwirrt und trägt als einzige Bekleidung einen weißen Kittel, Harvey ist ein pyromanischer Psychopat gefangen im Körper eines blauen Hasen aus Plüsch. Dieses zugegeben etwas bizarre Charaktergespann mag auf den ersten Blick vielleicht nicht gerade einladend wirken, überzeugt aber schnell durch charmante Wortgefechte und absurd-witzige Ideen zum Entfliehen aus der Zelle. Die schäbige Gummizelle ist in der Tat schnell verlassen, doch eine weitaus schwerere Aufgabe stellt das Entkommen aus der Anstalt selbst dar. Währenddessen müssen sich Edna und Harvey natürlich mit allerlei Irren herumschlagen. Der „Bienenmann“ oder „Herr Mantel“ sind nur zwei der schrägen Vögel, die ihrerseits ernsthaften Persönlichkeitsstörugnen verfallen sind und sich für eine Biene und einen – man ahnt es schon – Mantel halten. Außerdem muss sich die Protagonisten immer wieder „tempomorphen“, wie Harvey es so schön nennt. Im Prinzip erinnert sich Edna dabei einfach an ihre Vergangenheit und schon fallen ihr zuvor gelernte Fähigkeiten ein, wie beispielsweise das Herausdrehen einer Schraube mit Hilfe eines Fußnagels. So erinnert sich Edna nebenbei auch nach und nach an Geschehnisse aus ihrer Vergangenheit und es wird immer deutlicher, dass ein persönlicher Zusammenhang zum Anstaltsleiter und dessen Sohn bestehen muss, doch hier sei nicht zu viel gespoilert, denn die Geschichte des Spiels ist besser und ernster als man es von einem so kindlich ausseheden Spiel erwarten mag. Zu späterer Spielstunde entwickelt sich die anfangs noch ungefangen witzige Story nämlich zu einem echten Psychotrip!

Gameplay: 9/10
In diesem Point and Click Adventure von 2008 greifen die Jungs von Daedalic so ziemlich alles wieder auf, was das gute alte Genre zu dessen Blütezeit ausgemacht hat: Witzige, charmante, skurrile und höchst interessante Charaktere, eine von der ersten bis zur letzten Sekunde fesselnde Story, das typische „nimm/rede/bewege/gib“-Gameplay und natürlich unzählige Möglichkeiten beim Fortschritt des Ausbruchs. Gerade der letzte Punkt ist bei Edna bricht aus meisterhaft umgesetzt, denn zu fast jeder Kombination der Befehle, Charaktere und Gegenstände ist eine eigene Audioausgabe vorgesehen, sodass der Spieler ermutigt wird, selbst den größten Quatsch auszuprobieren um zu hören, was Edna und Harvey dazu einfällt. Der Spielverlauf ist dabei aufgeteilt in drei Akte, in denen der Fortschritt jeweils relativ nonlinear erarbeitet werden kann. Ab und an spielt man einen Flashback, um neue Fertigkeiten zu erwerben. Auch wenn sich das alte Genre in letzter Zeit bei der breiten Masse eher etwas in den Hintergrund stellen musste, kann man nur sagen, dass dieses Spiel das Point and Click Adventure wieder zum Leben erweckt – und zwar zur vollsten Zufriedenheit der Fans alter Titel wie „Monkey Island“ oder „The Day of the Tentacle“. Daedalic Entertainment liefert uns endlich wieder einen Titel, der sich in keiner Point and Click Sammlung verstecken muss.

Grafik: 6/10
Die gezeichnete Handmade-Grafik des Abenteuers in der Anstalt ist zweifellos alles andere als zeitgerecht und doch hat sie einen gewissen Charme, ohne den dieses Spiel nicht funktionieren würde. Das skurril gemalte, oft farbenfrohe Ambiente passt hervorragend zu der seltsamen Irrenanstalt und ihren Insassen und vermittelt von der ersten Sekunde an einen skurril-verrückten Humor. Auch wenn die Atmosphäre im späteren Spielverlauf düsterer wird, kann die Grafik diesen Zustand bestens untermalen. Zusammengefasst wirkt die Optik auf den ersten Eindruck etwas billig, unterstreicht aber hervorragend die Atmosphäre des Spiels. Fortschrittlich? Sicher nicht. Angebracht? Auf jeden Fall.

Fazit:
Edna bricht aus ist ein Kinderspiel für Erwachsene. Leider scheinen das viele Menschen noch nicht verstanden zu haben – nicht zuletzt die FSK, die hier die harten Gewaltszenen im späteren Spielverlauf „ab 0“ freigibt. Das Spiel wird im späteren Verlauf der Story aber nicht nur mit brutalen Bildern auf der optischen Schiene überraschend hart, sondern setzt auch psychisch unter Druck. Tiefer und tiefer gerät der Spieler trotz bunter Grafik in den Abgrund der menschlichen Psyche, sodass ich abschließend nur sagen kann: Ich würde dieses Spiel nicht ab null freigeben, da ich denke, dass abgetrennte Körperteile in einem Videospiel ohne Altersbeschränkung schlichtweg nichts verloren haben. Der TOMMI-Kindersoftwarepreis sieht das aber wohl anders und nominierte das Spiel 2008 direkt für „Bestes Kinderspiel“. Da sieht man mal wieder, wie lange sich solche Menschen wirklich mit den ihnen vorgelegten Medien befassen… Naja um abschließend eine Empfehlung abzugeben möchte ich dieses Spiel jedenfalls allen Fans des alten Genres ans Herz legen, die sich von einem kindlich inszenierten Abenteuer auf geniale Weise bis tief in den düsteren Abgrund der menschlichen Psyche entführen lassen wollen. Edna bricht aus lohnt sich!

TL;DNR: Das Point and Click Genre lebt wieder.