Pokémon Generation 2 Review
Nachdem sich die ersten Pokémon Spiele schneller verkauft haben, als sie gepresst werden konnten, war ein Nachfolger natürlich Pflichtprogramm. Alle Neuerungen und mehr Trivia gibt es im zweiten Teil meines Pokémon-Generationenspecials.
Titel: Pokémon Editionen Gold / Silber / Kristall
System: Game Boy / Game Boy Color
Genre: Rollenspiel
Erscheinungsjahr: 2002/2003
Entwickler: Game Freak
Durchgespielt in 16 Stunden Spielzeit
Story: 3/10
Nach dem unglaublichen Erfolg der ersten Generation Pokémonspiele war eine Fortsetzung nicht nur denkbar, sondern quasi unumgänglich. Die größte Neuerung sind dabei natürlich die 100 neuen Pokémon, die es sich zu schnappen gilt um den Poképrofessor glücklich zu stimmen. Das altbewährte Grundgerüst vom Jungen, der auszieht, das Pokémonkämpfen zu lernen, wurde unverändert beibehalten. Auch geht es wieder einmal darum den acht Arenaleitern des Landes zu zeigen, wo der Krabbhammer hängt, um abschließend die neuen Top4 zu zerlegen. Hat man das geschafft, wartet jedoch dieses mal nicht der anfängliche Rivale von nebenan auf den Spieler, sondern der etwas eindrucksvollere aktuelle Champion der Top4, dem man zwischenzeitlich bereits bei vereinzelten Sidequests über den Weg gelaufen ist. Ja, auch die Sidequests sind wie im Vorgänger wieder mit von der Partie und ja, auch Team Rocket mischt wieder mit. Prinzipiell hat sich also abgesehen von den neuen Monstern auf den ersten Blick nur die Fassade ein wenig geändert. Schaut man allerdings genauer hin, so fällt auf, dass sich bei den einzelnen kleinen Abenteuern dieses mal irgendwie mehr Gedanken gemacht wurden. Das seltene rote Garados vor Team Rockets gierigen Schergen zu beschützen erscheint irgendwie ja doch spannender als Opas Zähne im Safari-Garten zu suchen, oder? In der Kristallversion beginnt nach Abschluss der Story darüber hinaus ein exklusiver kurzer Bonus-Plot, in dem es um ein legendäres Pokémon geht, das man einmal quer durch die Spielwelt jagen muss. Dieses Feature unterscheidet den Nachzügler der zweiten Generation von den ersterschienenen Versionen Gold und Silber. Bei allen drei Editionen ist jedoch nach Abschluss der Johto-Storyline noch eine sehr geniale Überraschung zu erleben: Denkt der Spieler, er hätte jetzt schon alles gesehen, kann man nur sagen „Das war mal wieder ein Schuss in den Ofen!“, denn nun lassen sich die alten Gebiete der Kanto-Region, bekannt aus der ersten Pokémon-Generation, bereisen und entdecken! Sogar die acht lokalen Arenaleiter darf man nachträglich vermöbeln, auch wenn es natürlich keine zweite Top4 gibt. Stattdessen kann man nach einem Sieg in allen 16 Arenen des Spiels dem Protagonisten der Roten Edition (der Protagonist der Blauen Edition hat Giovannis Platz als Arenaleiter in Vertania City übernommen) im Duell gegenübertreten. Dieser Kontrahent hat außerordentlich starke Pokémon und zählt zu den schwersten Gegnern der Spieleserie. Damit haben sich Erschaffer Satoshi Tajiri und Mario-Vater Shigeru Miyamoto, der bei der Entwicklung half, auf charmante Weise ein weiteres Denkmal gesetzt, denn die Spieler Rot und Blau verkörpern im japanischen Original diese zwei Urgesteine der Videospielgeschichte (der vorgeschlagene Name für den Hauptcharakter ist im japanischen Gegenstück zur Blauen Edition Shigeru, in der Roten Edition wird Satoshi als Spielernamen empfohlen). Im Vergleich zum ersten Teil hat sich also storytechnisch ein bisschen was getan, auch wenn Pokémon Gold, Silber und Kristall natürlich noch lange keine storystarken RPGs sind. Bei Pokémon ist eben das Gameplay das entscheidende Kriterium!
Gameplay: 9/10
Das geniale Duell-System der ersten Spielegeneration wurde in Gold und Silber hervorragend weitergeführt. Sowohl das rundenbasierte Kampfsystem, als auch die elementaren Typen der liebenswerten Monster sind erhalten geblieben, sodass sich all jene, die mit einer alten Edition vertraut waren, schnell einfinden werden. Neuerungen gibt es wenige, dafür ergänzen diese aber hervorragend das alte System und sorgen so für eine durchweg grandiose Spielmechanik. So hat nun zum Beispiel jedes Pokémon die Fähigkeit, ein Item festzuhalten. Je nach Beschaffenheit des Items hat das unterschiedliche Auswirkungen. Beeren beispielsweise sind Items, die ein Pokémon nach eigenem Ermessen im Kampf einsetzen kann. So gibt es Beeren, die eine kleine Menge Lebenspunkte heilen oder einen negativen Statuseffekt beseitigen. Mit anderen getragenen Gegenständen werden spezielle Elementarattacken verbessert, während wieder andere einen Statuswert buffen. Ganz spezielle Items werden außerdem benötigt, um gewisse Pokémon zu entwickeln. So will sich Onix zum Beispiel nur zu Stahlos entwickeln, wenn er mit einem Stahlmantel ausgerüstet auf eine andere Edition getauscht wird. Neben dieser wohl größten Änderung bezüglich der Pokémonkämpfe gibt es in der zweiten Generation auch die zwei neuen Elemente Stahl und Unlicht, sowie zahlreiche neue Attacken zu entdecken, die dem Kampf mehr Tiefe verleihen. Auch außerhalb der Kämpfe hat sich aber einiges verändert: Das Fangen von Pokémon wurde ein wenig vereinfacht, denn der Spieler hat die Möglichkeit, sich jeden Tag einen speziellen Pokéball bauen zu lassen, der in gewissen Situationen besonders hohe Chancen auf ein erfolgreiches Einfangen hat. Dazu muss er an speziellen Bäumen Aprikoko-Früchte pflücken. Diese werden dann von Kurt dem Ballexperten zu den besonderen Pokébällen verarbeitet, die beispielsweise bei bestimmten Pokémontypen oder zu bestimmten Tageszeiten die Fangrate erheblich verbessern. Womit wir auch direkt beim nächsten Gameplay-Update angekommen sind: In Pokémon Gold und Silber gibt es Tageszeiten und Wochentage, die simultan zur realen Zeit verlaufen. Setzt man sich Nachts an den Game Boy, so findet man manchmal nachtaktive Pokémon, die sich tagsüber nicht blicken lassen und andersherum. Die Wochentagsfunktion ist vor allem für Daily Events wie das bereits beschriebene Pokéball-Crafting interessant. Außerdem gibt es an drei Wochentagen ein „Käferturnier“, bei dem der Käfersammler mit dem schönsten gefangenen Käferpokémon einen Preis gewinnen kann (von wem mag diese Idee nur kommen?). Ansonsten besteht neuerdings ab und an die Möglichkeit, sich nach einem Kampf die Telefonnummer seines Gegners geben zu lassen. Nach zufälliger Zeit wird dieser dann anrufen und entweder (90 Prozent der Fälle) nutzlosen Quatsch über sein Pokémon berichten, oder ein Rematch verlangen. Um den Pokédex mit allen 251 Monstern zu vervollständigen muss der Spieler in dieser Edition außerdem erstmals Pokémon züchten. Da nun nicht nur Nidorans, sondern mit Ausnahme der Legenden jedes Pokémon ein Geschlecht hat, kann man ein passendes Männlein und Weiblein in der Pension abgeben und nach kurzer Zeit ein Ei abholen, das nach X Schritten schlüpft und die Basisform der gepaarten Pokémon freigibt. Rocko wäre stolz auf uns. Bei manchen Pokémon kann man sogar nur auf diesem Wege an die sogenannte „Baby-Phase“ gelangen, die man nirgends fangen, sondern nur züchten kann. Kleiner Trick: Ditto macht’s mit jedem und eignet sich so bestens als Poké-Senfglas.
Grafik: 7/10
Wie bereits die Gelbe Edition sind die ersten beiden Titel der zweiten Generation zwar abwärts zum alten Game Boy kompatibel, entfalten aber erst auf dem Game Boy Color ihr volles Potential. Effekttechnisch wurde dabei gar nicht so viel verbessert. Vor allem die Farben sind stimmiger und hübscher umgesetzt und passen hervorragend zu den ebenfalls wunderbar gestalteten Sprites der Pokémon. Auch die Umgebung ist ein wenig detaillierter und interessanter als im Vorgänger gestaltet worden, sodass die Spielwelt ein wenig mehr Atmosphäre aufbauen kann. Prinzipiell hat sich an der Optik der Vorgänger also gar nicht so sonderlich viel getan, der Game Boy Color holt aber einiges aus der Kassette, was der original GB nicht darzustellen vermochte. Der Nachzügler dieser Generation, Pokémon Kristall, ist seltsamerweise nicht mehr mit dem klassischen Game Boy kompatibel, selbst wenn sich der Titel grafisch kaum von seinen Generationskollegen abhebt. In Japan ließ sich dieses Phänomen mit der zusätzlichen Hardware begründen, die es zum Spiel dazu gab. So konnte man sich ab und an im Land der aufgehenden Sonne per Handynetz und Verbindungsmodul zum GBC spezielle Inhalte auf sein Spiel laden, die es exklusiv und nur für kurze Zeit auf diesem Wege zu ergattern gab. Da es diese Hardware allerdings nie nach Europa geschafft hat, ist der GBC exklusive Release irgendwie unverständlich.
Fazit:
Wenn man sich die Fortsetzung der unglaublich beliebten Pokémon-Spiele so ansieht, kristallisiert sich ganz klar ein Wort heraus: Langzeitspielspaß. Mehr noch als im Vorgänger bietet die zweite Generation einen schier unendlichen Open-End Monster Collector, in dem es wieder einmal zwei Ziele gibt: Alle Monster fangen und das stärkste Team bilden. Durch neue Entwicklungsmöglichkeiten, Baby-Pokémon und schwer zu fangende neue Legenden legt das Spiel nicht nur quantitativ also noch einmal eine große Schüppe obendrauf. Dabei sind die neuen Spiele im Tausch mit der alten Generation kompatibel und ermöglichen so auch die Interaktion mit den weniger coolen Kids auf dem Schulhof, die noch auf den alten Games hängengeblieben sind. Der Kampf zwischen Spielern wurde um das Feature der getragenen Items erweitert, ansonsten wurde sich zu Recht an das Erfolgsrezept des Vorgängers geklammert. Wir wollten mehr Pokémon, wir haben mehr Pokémon bekommen. Und zwar in allen Belangen. Die Editionen Gold und Silber zählen noch heute als eine der besten Videospielfortsetzungen aller Zeiten und trieben die Kultwelle um die kleinen Pocket Monsters noch einmal kräftig voran. Im groben betrachtet ist die zweite Generation dabei böse ausgedrückt zwar nur ein Remake der ersten im neuen Gewand und mit ein paar Viechern mehr, aber genau das erwarteten die Fans eben von einer Fortsetzung der Pokémonspiele. Diese Erwartungen wurden mehr als erfüllt und die Käufer waren begeistert. Die Spiele lassen eben nichts zu wünschen übrig, bieten das altbekannte Gameplay, die lieb gewonnene Grafik und die bewährte Kampfmechanik und sind so von vorne bis hinten ein hervorragender zweiter Streich des berühmten käfersammelnden Spieleentwicklers.
TL;DNR: Gelungene Erweiterung, speziell die Anpassung der alten Spielwelt ist vorbildlich. Neue Monster, neue Möglichkeiten.