Advance Wars Review
Advance Wars ist ein taktisches Rundenstrategiespiel zum Mitnehmen und der Erstling der japanischen „Wars-Serie“ auf unserem westlichen Markt. Aber was ist so ein „Wars-Spiel“ eigentlich? Und lohnt es sich für unterwegs?
Titel: Advance Wars
System: Game Boy Advance
Genre: Rundenstrategie
Erscheinungsjahr: 2001
Entwickler: Intelligent Systems
Durchgespielt in 32 Stunden Spielzeit
Story: 3/10
Die Welt von Advance Wars wird von vier Militärmächten regiert, die sich die Landmasse untereinander aufteilen: Orange Star, Blue Moon, Yellow Sun und Green Earth. Prinzipiell existieren diese Großmächte recht friedlich nebeneinander her, doch plötzlich greift Blue Moon unsere Armee, die Orange Star Truppe, ohne Vorwarnung an und behauptet auch noch wir hätten den Krieg begonnen! Frechheit! Natürlich schreit eine solche Dreistigkeit nach einem Vergeltungsschlag und ehe man sich versieht versinken alle vier Fraktionen in einer Art „Du-hast-aber-angefangen!“-Weltkriegsszenario. Der Spieler kämpft sich dabei als Co Andy (Co ist im Spiel wohl die Kurzform von Commander nehme ich einfach mal an) durch zahlreiche Schlachten und bekommt in den ersten drei Vierteln des Games eigentlich gar nicht so viel vom politischen Geschehen um den Krieg mit. Erst sehr spät entfaltet sich eine Art Story, die ein wenig auf die Geschehnisse, deren Gründe und Folgen einzugehen versucht. Spoiler: Es gibt nämlich noch eine fünfte, aufstrebende Militärmacht, die bislang niemand so recht auf dem Schirm hatte. Auch wenn diese Auflösung ebenfalls ziemlich stumpf ist, sehe ich hier mal davon ab sie gänzlich zu verraten.
Gameplay: 7/10
Schach mit einer Priese Schere, Stein, Papier – So lässt sich ein Spiel der Wars-Serie in einem Atemzug vereinfacht erklären. Ein Großteil des Spiels besteht nämlich darin, seine Spielfiguren (hier Soldaten, Kampffahrzeuge, Luftunterstützung und Marine) in vier-achsigen Bewegungen über ein Spielfeld aus Quadraten zu schicken. Im ersten internationalen Release bleibt sich die Serie dabei treu: Soldaten-Stoßtrupps müssen auf der Map platzierte Produktionsstätten und Zivilgebäude besetzen, um so Bauoptionen und Ressourcen für die Truppe freizuschalten. Hat es die recht schwache Infanterie dann geschafft, einen Bauhof einzunehmen, können direkt vor Ort neue Panzer produziert werden. Vorausgesetzt die Credits, die am Anfang einer Runde für jedes „vor dem Feind gesicherte Zivilgebäude“ ausgezahlt werden, reichen aus. Ein Mix aus Wirtschaft und Militär ist also ebenso essentiell, wie die richtige Komposition der Angriffstruppen. Hier kommt nämlich der besagte Schere, Stein, Papier Aspekt in’s Spiel: Jede Einheit hat Stärken und Schwachstellen: Schwere Panzer verlieren gegen Artillerie, Artillerie verliert im Nahkampf, Infanterie gegen Kampfhubschrauber und Flugzeugträger gegen U-Boote. So geht es also stets darum, eine möglichst runde Kampftruppe loszuschicken, um nicht von einem speziellen Einheitentyp böse überrascht zu werden. Das ganze Spiel funktioniert dabei Rundenbasiert, man wechselst sich also ähnlich wie bei Brettspielen mit dem Ziehen seiner Einheiten ab. Die Kämpfe selbst werden von einem Algorithmus ausgetragen, der nicht nur Kampfkraft und Panzerung gegenrechnet, sondern auch etwaige Geländeboni für Deckung mit einbezieht. Gewonnen ist eine Mission üblicherweise, wenn entweder alle gegnerischen Truppen vom Brett genommen wurden, oder das feindliche Hauptquartier von einer eigenen Infanterie Einheit besetzt wurde. Ein paar Missionen versuchen darüber hinaus mit dem klassischen „beschütze dies, zerstöre das“ frischen Wind in den Story-Mode zu bringen, was eher selten eine echte Änderung am Gameplay ausmacht. Der Hauptaugenmerk dieser Serie liegt eben tatsächlich im Einsatz der verschiedenen Einheiten gegeneinander und dem Fokus auf taktisches Gameplay: An einer Front mit der Haupttruppe zuschlagen, an der anderen eine Hand voll Zivilgebäude unter Kontrolle bringen und im Hauptquartier des Gegners mit einigen Kampfhubschraubern für Unruhe sorgen, während die Flugzeugträger für einen Überraschungsangriff nachgerückt werden. So oder ähnlich sieht ein typischer Advance Wars Zug aus.
Grafik: 5/10
Über die Verniedlichung von Krieg lässt sich streiten, keine Frage. Ist es tatsächlich eine gute Idee, eine Panzerschlacht comichaft darzustellen? Sollte man nicht vielleicht einen weniger bunten, weniger spaßigen Stil verwenden, wenn es darum geht zu zeigen, wie ein Infanterie Trupp von gegnerischen Maschinengewehren niedergemäht wird? Diese Fragen habe ich mir angesichts der knuffigen Optik von Advance Wars mehrfach gestellt und bin nicht wirklich zu einer Antwort gekommen. Vielmehr führte mich diese Fragestellung zu einer viel interessanteren Frage: Ist Advance Wars wirklich eine Kriegssimulation wie Call of Duty oder Battlefield? Nein, sicher nicht. Viel mehr ist das Spiel eine grafisch aufpolierte Schach-Variante, in der – wie beim klassischen Spiel der Könige – die Taktik im Vordergrund steht und die einzelnen Einheiten eher Platzhalter für Spielfiguren sind. Dass diese hier verniedlicht gezeigt werden ist also tatsächlich vertretbar, ja sogar die richtige Entscheidung wie ich finde. Es geht nicht um blutiges Kriegsgemetzel. Es geht darum, welche Einheit eine andere aussticht, wie effektiv der Spieler seine Ressourcen einsetzt und wie er den Gegner mit seinen Spielfiguren ausmanövriert. Dass man die Kampfanimationen dabei im Optionsmenü auch gänzlich deaktivieren kann, unterstreicht meiner Meinung nach den Fokus auf das eigentliche Spielgeschehen. Wer also zu dem entgegengesetzten Schluss kommt, nämlich, dass die niedliche Grafik eine Verharmlosung von Krieg bedeutet, der muss im gleichen Atemzug auch klassische Brettspiele wie Risiko, Stratego oder gar Schach ins Kreuzverhör nehmen, denn auch hier haben wir einen ernsten Hintergrund, der durch Plastikfiguren völlig verharmlost wird.
Fazit:
Die „Wars-Serie“ ist in Japan schon seit 1988 etabliert. International hielt die Reihe erst 2001 mit Advance Wars, dem eigentlich siebten Teil der Serie, ihren Einstieg, da die Japaner die Spiele für den westlichen Markt als „zu schwierig“ erachteten. Außerdem wurde der Release Termin aufgrund der Terroranschläge am 11. September verschoben, da das Marketing Team von Intelligent Systems der Auffassung war, dass nun vorläufig niemand auf dem westlichen Markt mehr ein „Kriegsspiel“ spielen mochte. Trotz dieser massiven Stolpersteine schlug Advance Wars wie eine Bombe ein und sorgte dafür, dass der Nachfolger „Black Hole Rising“ wenig später ebenfalls seinen Weg in unsere Regale fand. Wie oben bereits ausgeführt kann man sich sicherlich über die kaum vorhandene Story aufregen oder über die niedliche Grafik streiten, wichtig ist jedoch in erster Linie das hoch strategische Gameplay. Wer eine Kreuzung aus James Ryan und Soldiers of Fortune erwartet wird also gleich doppelt enttäuscht sein. Dieser Titel lebt von seinem Gameplay, das mir persönlich sogar nach über 30 Stunden Spielzeit nicht zu langweilig wurde. Immer wieder bieten sich neue Herausforderungen und interessante Szenarien an, die mitunter ein brachiales Umstellen der eigenen Taktiken erfordern und den Spieler so immer wieder zum nach- und umdenken zwingen. Für Taktik-Fans eine erstklassige Möglichkeit, um auch unterwegs nicht auf den Reiz eines durchdachten Brettspiels verzichten zu müssen.
TL;DNR: Netter TBT Zeitvertreib für unterwegs.