Und ewig grüßt das Remake
Oder: Aufgewärmt schmeckt Scheiße!
Nicht nur in der Filmindustrie gilt momentan die goldene Regel „Wenn dir nix mehr einfällt, dreh was altes neu!“. Auch die Videospielbranche hat das Remake immer mehr für sich entdeckt. Bei diesem Thema spalten sich die Nerds, Geeks und Casuals gern in zwei Lager: Diejenigen, die das Spiel im Original kennen, lieben und wertschätzen und Jene, die sich über zeitgerechten Kontakt mit alten Kulthits freuen.
Ich unterteile die Remakes dabei gerne in drei Kategorien: „Echte“ Remakes, Neuauflagen und Re-Releases.
Als ein „echtes“ Remake sehe ich dabei beispielsweise Resident Evil 1 auf dem GameCube an, bei dem so mancher Spielinhalt in der Neuauflage verändert wurde. Neben einer aktuelleren Grafik bekommt der Käufer des Spiels also einen anderen Inhalt als beim Kauf der originalen PlayStation-Version. Aber warum tut ein Entwickler so etwas? Wen will man damit glücklich machen? Die Käufer der GC-Version wollen einfach nur Resident Evil spielen, weil sie es auf der Sony Konsole verpasst haben. Warum also nicht einfach das gleiche Spiel herausbringen? Es ergibt keinen Sinn. Wer die Mona Lisa abmalt, der zeichnet ihr doch auch keinen Schnurbart und erwartet dann auch noch Applaus. Niemand will das sehen!! Was hingegen nachvollziehbar erscheint, ist eine Verbesserung des Balancings oder des allgemeinen Handlings. Als bestes Beispiel darf hier wohl Pokémon Heartgold / Soulsilver auf’s Podest: Die Handhabung wurde in diesem Remake um ein vielfaches verbessert, das Spiegefühl und der Charme der Erstauflage bleibt unberührt. So etwas schafft leider kaum ein Entwickler, stattdessen werden geliebte Spielpassagen ersetzt. Was geht in euren Köpfen vor???
Die Kategorie Neuauflage deckt hingegen genau diesen Fall ab: Ein altes Spiel wird in einer direkten Eins-zu-eins-Übersetzung in zeitgerechter Grafik zurück an die Ladentheke gebracht. Fraglich ist dabei, in wie weit eine grafische Politur den doch zumeist extrem hohen Kaufpreis des Spiels rechtfertigt. Bei A Boy and his Blob zum Beispiel kann ich ja aus Sicht eines heutigen Casual Gamers durchaus verstehen, dass er bei der in die Jahre gekommen Grafik keine Lust auf Retrogaming hat und zur aufgehübschten Variante greift, aber ein PS2-Spiel mit hervorragender Grafik wie God of War 2 muss einfach nicht wenige Jahre später für ein Heidengeld auf der Folgekonsole released werden! Hier sieht man wieder ganz klar die wahren Gründe der Neuauflagen durchscheinen: Schnelles Geld. Besonders unter dem Aspekt 3D kann alter Code mühelos recycled werden, um mit verbrauchten Ideen noch ein weiteres Mal so richtig abzusahnen. Ob Zelda, Metal Gear Solid oder Street Fighter: Ein schnelles 3D-Remake und schon kann mit wiederverwerteten Ideen nochmal richtig Kohle gemacht werden! Ein weiterer Trend, den sich die Gaming-Branche vom aktuellen Kinotrend abschaut. Wie lächerlich diese Geldmacherei im Endeffekt ist beweist die neuste Auflage von Tetris: Niemand braucht Tetris in HD und mit 5.1 Sound! Allgemein entschuldigt eine grafische Politur selten den Remake vom Remake von Titel XY Remastered Reloaded. Entwickelt gefälligst ein neues Spiel anstelle Code zu recyclen! Bei Titeln wie Need for Speed und den gängigen Sportgames ist es zwar alteingesessene Tradition jährlich die gleiche aufgewärmte Kacke in neuen Dosen zu verkaufen, aber Coregamer brauchen einfach kein sechstes Grafikupdate von Final Fantasy 4, sie haben es schon mindestens zweifach durchgespielt und stören sich eher an grafischen Änderungen als sich an ihnen zu erfreuen!
Diese zwei Varianten der Neuverwurstung bekannter Spiele haben wir also abgehakt: Hauptsache Geld mit alten Pferden und neuen Satteln machen. Re-releases, auch Ports genannt, sind hingegen eine kompromisslose Komplettumesetzung des Originals auf einer anderen Platform und somit eine gute Möglichkeit, noch heute an echte Klassiker in ihrer reinsten Form zu kommen: Unverschlimmbessertes Gameplay, klassische Grafik und Originalinhalt. Wer nicht extra für wenige Kulthits in die uralte Hardware investieren will, ist mit einem direkten Port hervorragend beraten. Davon betroffen sind glücklicherweise nicht nur Titel der Atari-Ära, die meist in vorteilhaften Collections an den nachholbedürftigen Juniornerd gebracht werden, sonder auch mittelalte Games der Großmächte Sony und Nintendo, die sich der Nostalgiker auf seine aktuellen Systeme laden kann. Dabei kann zumeist sogar einiges an Geld gespart werden, denn an die Erstauflagen der Klassiker zu kommen kann mitunter sehr kostspielig werden, wie beispielsweise der Preis eines Final Fantasy 7 auf Ebay im Vergleich zum Download zeigt. Ports sind da genau das richtige Mittel, um ein altes Kunstwerk an ein junges Publikum zu bringen.
Eins steht nun also fest: Ein Rumgebastel an Kultspielen zerstört die Seele des Originals und kann auf keinen Fall den Charme der Urversion erreichen. Ein Resident Evil in neuer Grafik für den GameCube mag schön aussehen, hat aber einfach nicht die Seele des ersten Ausflugs in die verpixelte Mansion. Selbst wer das Original nach dem Remake spielt (so wie es bei mir in diesem Beispiel der Fall war) wird merken, dass der Charme der Spiele einfach ein ganz anderer ist. Wer auch immer für den Verlust des altenglischen Tons in Frogs Texten des Chrono Trigger Remakes verantwortlich ist, gehört aufgehangen. Warum verändert man ein Kunstwerk?? Wer sich heute für einen Klassiker wie Ocarina of Time interessiert, der ist meiner Erfahrung nach auch gewillt durch die „Hölle“ der veralteten Grafik zu gehen. Es soll ja sogar Gamer geben, die eine für das Spiel zeitgerechte Grafik bevorzugen und den geschichtlichen Ausflug in die Vergangenheit der Videospielhistorie genießen.
Also liebe Remaker und Pseudoverbesserer: Wenn ihr schon unbedingt schnelles Geld mit alten Titeln machen wollt, dann nehmt euch ein Beispiel an Monkey Island. Hier ist es möglich, jederzeit zwischen klassischer Optik und grafischem Facelift zu switchen! Nostalgisches Erlebnis und grafische Zeitgenössigkeit auf einem Medium, so hat doch jeder etwas davon! Und bitte bitte lasst es in Zukunft sein, die Inhalte der Originale zu verschandeln, nur weil ihr sie als nicht zeitgerecht anseht. In der Bibel kritzelt ihr doch auch nicht rum! Und die ist immerhin weitaus älter und überholungsbedürftiger als zum Beispiel Prince of Persia 3…