System Shock 2 Review
Da mit dem Durchspielen meines 600. Videospiels mal wieder eine Runde Zahl anstand und ich zu diesen Gelegenheiten gerne absolute Klassiker nachhole, die bislang an mir vorbeigingen, habe ich kürzlich endlich System Shock 2 nachgeholt. Was soll ich sagen? Ich bin begeistert!!
Titel: System Shock 2
System: PC
Genre: First Person Shooter / RPG
Erscheinungsjahr: 1999
Entwickler: Irrational Games
Durchgespielt in 12 Stunden Spielzeit
Story: 8/10
Der Menschheit gelingt mit der Raumfähre „Von Braun“ ihr erster Überlichtflug. Doch schon der erste Kontakt mit außerirdischem Leben verläuft katastrophal: Bei der Erkundung eines Hilferufs, gesendet von einem fremden Planeten, wird das Team der Von Braun von einer parasitären Spezies infiziert, die Körper und Geist der Menschen befällt und sie einem kollektiven Schwarmbewusstsein einverleibt. Die interne A.I. des Schiffes, Xerxes, übernimmt das Kommando und versucht mit Robotern und Selbstschussanlagen die Bedrohung zu vernichten. Tja, und genau in diesem Chaos findet sich unser Hauptcharakter wieder, nach bester Ridley-Manier frisch aus dem Cryoschlaf erwacht. Wir versuchen uns also den wenigen nicht befallenen Menschen anzuschließen und der schier aussichtslosen Lage Herr zu werden, indem wir uns zuerst um den Hauptcomputer kümmern und uns dann auf die Suche nach einem Forscher machen, der uns über Funk kontaktiert hat und scheinbar Pläne zur Lösung der Misere erdacht hat. Die Frage ist nur: Können wir dem Funkspruch trauen?
Gameplay: 9/10
In einem grandiosen Mix aus sehr solidem Ego Shooter und ausgefeiltem RPG skillen wir unseren Charakter frei und nach eigenem Ermessen unter Anderem in den Bereichen Kampf, Waffenkunde, Hacking, Technik und sogar parapsychologischen Fähigkeiten wie Telekinese und geistigem Angriff. Jede Verbesserung, die wir unserem Charakter während seiner Bestreben freischalten, bringt dabei Vor- und Nachteile mit sich. Ein guter Hacker wird beispielsweise Sicherheitssysteme überbrücken, gesicherte Frachtcontainer knacken und Kassenautomaten austricksen können, dafür aber im Vergleich zu einem Waffenexperten nur mit wenigen der vielseitigen, verschiedenen Waffen umgehen können – selbst wenn er vielleicht mehr Munition dafür findet. Dieses grundlegende Spielprinzip wird durch eine Vielzahl von Feinheiten wie Forschung an Alienartefakten, der Verwendung von Cyberkinetischen Modulen zur Verbesserung einzelner Fähigkeiten oder dem Aufsammeln und Anhören der Aufzeichnungen der Crew Mitglieder zu einem perfekten Ganzen abgerundet, das selbst bei mehrfachem Durchspielen immer wieder etwas zu entdecken bereit hält.
Grafik: 10/10
Die grafische Qualität dieses heutzutage zugegeben etwas in die Jahre gekommenen First Person Spiels war 1999 tatsächlich vom Allerfeinsten. Hübsche Charaktermodels, detaillierte Assets und umfangreich ausgestattete Umgebungen ließen technisch betrachtet kaum einen Wunsch offen. Was System Shock 2 aber für mich zur vollen Punktzahl bringt, ist diese unendlich dichte, glaubwürdige und fesselnde Atmosphäre. In jeder Hinsicht versucht das Spiel, die Storyline so glaubhaft wie nur eben möglich zu übertragen und dabei nicht auf billige Jumpscares zu setzen, sondern das Gänsehaut Feeling durch Ungewissheit und Unterlegenheit zu transportieren. Nicht zuletzt hilft der perfekte Soundtrack, dieses Gefühl zu tragen und wird von den Computerdurchsagen auf dem Schiff unglaublich treffsicher unterstützt. System Shock ist eben keins dieser Sci-Fi Games, bei denen der Spieler denkt „Ja nee schon klar, Alieninvasion und so, haha ich baller dann mal los“ sondern versetzt uns in ein ernst zu nehmendes Zukunftsszenario, das an keiner Stelle übertrieben oder unecht wirkt und gerade dadurch so irrsinnig fesselt. 10 Punkte für die dichteste Atmosphäre, die ich seit langem erlebt habe, gepaart mit grandiosem Sound Design und einer (seinerzeit) grandiosen optischen Umsetzung.
Fazit:
Für jeden, der auf düstere Weltraum Alpträume steht, ist SS2 definitiv das richtige Spiel. Nicht nur die durchdachte, geradezu philosophische Story um die Vor- und Nachteile eines Schwarmbewusstseins haben bei mir persönlich voll gezündet, auch das Gameplay begeisterte mich von der ersten bis zur letzten Spielminute. Immer wieder schafft es die Storyline dabei, den Spieler aus der Bahn zu werfen und ihn über das Geschehene noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive nachzudenken. Und dann dieser Konflikt zwischen künstlicher Intelligenz und menschlicher Hoffnung – einfach treffend, in jeder Szene. Ich bin schwer begeistert von diesem Spiel und habe selbst nachträglich noch oft über dessen Aussagen nachdenken müssen. „Mistrust is the tyranny of the individual. Your own kind sees you as a threat.“ Hat unser menschlicher Individualismus wirklich nur Vorteile? Was hat uns eine Rasse, in der das Individum ein simpler, funktionierender Teil eines Ganzen ist vielleicht voraus? Was können wir von einer künstlichen Intelligent wie Xerxes lernen und was sollten wir dieser A.I. wiederum beibringen? Ich weiß nur, dass das erste Durchspielen nicht das einzige bleiben wird, und dass ich im nächsten Anlauf statt eines agilen Forscher-Hackers mit Vorliebe für Energiewaffen wohl mal den parapsychologischen Zweig ausprobieren werde.
TL;DNR: Seiner Zeit um Lichtjahre vorraus und auch heute noch absolut spielenswert!