Xenoblade Chronicles Review

Auch wenn sich Square Enix noch so große Mühe gibt, das JRPG ein für allemal vor die Hunde gehen zu lassen, schafft es Xenoblade Chronicles, alte Fans sowie Neueinsteiger gleichermaßen zu begeistern und in seinen Bann zu ziehen.

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Titel: Xenoblade Chronicles
System: Nintendo Wii
Genre: Rollenspiel
Erscheinungsjahr: 2011
Entwickler: Monolith Soft
Durchgespielt in 78 Stunden Spielzeit

Story: 9/10
Die Geschichte von Xenoblade Chronicles ist mystisch und fantastisch: Nachdem die Giganten Bionis und Mechonis Jahrelang einen Kampf führten, verwundeten sich beide zeitgleich und die Zeit stoppte. Auf beiden Riesen begann sich nun Leben zu bilden. Das Leben des Bionis ist geprägt von Kreaturen und Völkern, die sich in bestimmten Gebieten ausbreiteten, während auf dem Mechonis rein technologisches, mechanisches „Leben“ entstand. Diese von Grundauf verschiedenen Lebensformen tragen nun den Konflikt ihrer Schöpferwelten fort und sind in ewigen Krieg verstrickt. Unser Hauptcharakter Shulk jedoch ist etwas besonderes. Er ist einer der wenigen Menschen, denen es überhaupt gelingt, das Sagenumwobene Monado, das Xenoblade zu führen. Nach einem Angriff auf sein Heimatdorf entscheidet Shulk zusammen mit seinem besten Freund Reyn, seiner Rache freien Lauf zu lassen und einen selbstauferlegten Kreuzzug bis tief in die Welt des Mechonis zu führen. Soweit die grobe Geschichte. Von nun an hat der Spieler aber nicht nur mit der Hauptstoryline, sondern vor Allem mit einer schier unendlichen Anzahl an Nebenmissionen zu tun, die er frei nach belieben erledigen kann. So stärken sich die Bände der Charaktere untereinander, neue Freunde werden gewonnen und neue Feindschaften geschlossen. Während des Aufhängers der Hauptgeschichte passiert also im Klartext so viel, dass man als Spieler gar nicht anders kann als mit Begeisterung in die Welt von Xenoblade einzutauchen, die so manches Geheimnis zu lüften bereit hält.

Gameplay: 10/10
Xenoblade schafft es eine Art Gameplay zu erfinden, das zwar zugegeben nicht unendlich vielseitig ist, aber dennoch auch nach über 50 Spielstunden weder lästig noch ermüdend wird. So läuft der Spieler mit seiner Heldentruppe frei in einer schier endlosen Welt umher, die übersät ist von unzähligen Sidequests, Monstern und Schätzen. Monster werden mit drei ausgewählten Charakteren in Echtzeit bekämpft, wann immer man sie erspäht und angreifen will. Einen Kampf zu umgehen ist dabei zwar leicht, doch die Quittung lässt meist nicht lange auf sich warten, denn an Story-Bossen beißt man sich unterlevelt schnell die Zähne aus. So ist die Motivation zu kämpfen relativ hoch, denn nervige Gegner können fast immer umgangen werden, während die Charaktere sich an einfacheren Monstern die drei Arten von Erfahrungswerten in die Tasche stecken können, die dieses Spiel zur Charakterentwicklung verwendet. So steigen nicht nur Level und somit auch Statuswerte der Protagonisten mit gewonnen Kämpfen, sondern darüber hinaus die Spezifizierung in einem von drei wählbaren, individuellen Skilltrees und das Kontingent an AttackPoints, die als Währung zum Aufrüsten der einzelnen Attacken eines Kämpfers genutzt werden können. Dem Spieler ist dabei freie Hand gelassen, welche Moves er aufrüsten und verwenden möchte! So werden die einzelnen Charaktere im Kampf der Rolle zugeteilt, die sich der Spieler für sie überlegt. Ob es auf ein klassisches Tank/Healer/DamageDealer-Team hinaus läuft oder ob Magier, Schurke und Schütze dem Gegner mit massivem Schaden einheizen ist dabei reine Entscheidungssache: Viele Wege führen zum Sieg. Die Spezialtricks des Mainhero Shulk sind dabei zwar nicht zu unterschätzen, doch auch dieser Vorteil ist kein zwingender Grund dem Blondschopf einen festen Platz in der Kampfgruppe zuzusprechen. Welche Charaktere ein Spieler kämpfen lässt sollte er sich dennoch recht früh im Spiel überlegen, denn zusätzlich zu den verschiedenen Erfahrungswerten entwickeln die Helden im Kampf Sympathien für die Kämpfer an ihrer Seite, die speziell bei Bossen unschlagbare Vorteile mit sich bringen. Ein eingespieltes Team kann also nur sehr mühsam auf neue Mitglieder umgestimmt werden. Die zahlreichen Nebenbeschäftigungen wie Itemcrafting oder Stadtsanierung werde ich jetzt aus Platzgründen nicht weiter beschreiben als mit den Worten „Solide Umsetzung“. Aber warum nun 10 Punkte? Es ist die Faszination an dieser speziellen Freiheit in einem auf den ersten Blick monotonen, starren System, die der Spieler in seinem Lernprozess selbst immer weiter auszudehnen versteht. Was anfangs durch zahlreiche verschiedene, noch unbeeinflussbare Aspekte geradezu abschreckt und überfordert, wird nach und nach entschlüsselt und problemorientiert angewandt. Monolith Soft schickt den Spieler nicht nur storytechnisch auf eine Reise, sondern lässt ihn mit seinen Charakteren wachsen und auf über 70 Stunden Spielzeit nie lange in Monotonie verfallen. Gerade durch das Einbeziehen von Movement und dem richtigen Timen von Skillcooldowns hat ein Kampf in Stunde 5 ebensoviel Anspruch wie in Stunde 50 und selbst bei streckenweise überlevelten Kämpfern verfällt der Spieler nicht in’s RPG-typische Buttonmashing im Sinne von „Angriff – Angriff – Sieg“. Xenoblades Gameplay ist einfach eine Perfektion der Mischung aus Taktik und Action.

Grafik: 8/10
Speziell die frühen Gebiete des Spiels sehen für Wii Verhältnisse hervorragend aus, keine Frage. Wer sich in Japano-Rollenspiel typischer Manier an wundervoll gestalteten Umgebungen und spannenden, interessanten Charakteren erfreuen kann, der wird auch an Xenoblade helle Begeisterung erfahren. Nicht nur designtechnisch, auch qualitativ ist die grafische Erscheinung des Spiels dabei bewundernswert, speziell vor dem Hintergrund der sonst doch zugegeben eher schwach aussehenden Wii Games. Fehlerlos ist dabei leider aber auch Xenoblade nicht: Die Weitsicht lässt teilweise (zugegebenerweise Hardwarebedingt) zu wünschen übrig und ein paar mehr Emotionen hätten den Charakteren entlockt werden können. Eine wundebare Synchro, sowohl im japanischen mit Untertiteln als auch in der englischen Übersetzung, macht aber einiges wett und nimmt den Spieler emotional mit. Style und Optik begeistern und lassen nur wenige Wünsche offen, sodass Xenoblade Alles in Allem ein Vorzeigeexemplar für die auf grafischer Seite eher spärlich mit Highlights bestückte Wii-Bibliothek ist.

Fazit:
Ich habe mir schon lange mal wieder ein wirklich fesselndes, schönes und fantasievolles JRPG gewünscht, das es schafft, mich langfristig in seinen Bann zu ziehen. Dass „langfristig“ bei Xenoblade aber über 70 Stunden (!!) bedeutet, hätte ich mir nie träumen lassen. Sowohl die Story mit ihren interessanten Charakteren und spannenden Nebensträngen als auch das unkomplizierte, komfortable Gameplay haben mich nur sehr sehr wenige Durststrecken in einem Spiel von weit überdurchschnittlicher Länge erleben lassen. Ich fasse mich kurz: Wer mit der aktuellen Entwicklung des Genres unzufrieden ist, sollte nicht urteilen, bevor er diesen grandiosen Titel aus dem Jahre 2011 gespielt hat. Für mich persönlich nicht nur ein Kaufgrund für die Konsole, sondern eines der wohl besten RPGs aller Zeiten! Und wem (wie mir) diese ganze Motionsteuerung der Wii zu doof ist, dem rate ich stark zum Kauf der Collector’s Edition. Hier liegt unter Anderem ein hübscher, roter Classic Controller bei.

TL;DNR: Rettung des JRPGs und definitiver Pflichtkauf für Genrefans